Mittwoch, 12. November 2014

Sprache und Zahlen

Ich liebe Worte und Wörter! Ob plump, gewitzt, mysteriös, direkt oder umständlich. Sie leben, schimmern, geben Bedeutung und stellen sie in Frage.
Poetisch oder krass, zart und grob. Wir Menschen sind Menschen, auch weil wir miteinander sprechen können. Nur oft wissen wir kaum, was wir sagen, geschweige denn, was der Andere sagt oder meint. 
Was zählt? Zahlen wir drauf. Kopf oder Zahl?

Nullkommanichts

Schneller als schnell, kürzer als kurz, null, nuller am nullsten, sofort, jetzt, praktisch schon geschehen. Schneller als der Blitz oder, wie ich es auf Proben manchmal sage, ein Mü schneller. Ein Mü dabei steht für eine unmeßbare Zeiteinheit, weniger als ein Bisschen und mehr als Nichts.

1A
Der höchsten deutschen Güteklasse zuzuordnen, oder einfach, auf gut Deutsch, besser geht's nicht.

Mit zweierlei Maß messen
Je nachdem, abhängig von Umständen oder Vorlieben, bewerten wir Dinge nach anderen Kriterien. Liebe macht z.B. blind, Erkenntnis öffnet uns die Augen. Wir gewähren Vorteile, wir erwarten Vorteile. Wir mißtrauen. Wir urteilen ungerecht.

Aller guten Dinge sind drei
Die Dreifaltigkeit, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.

Dreikäsehoch 
Das Benennungsmotiv dieser seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlichen Redewendung ist unklar. Eine Möglichkeit besteht in der scherzhaften Verwendung aufeinander gestapelter Käselaibe als Größenangabe für Kinder
Der Begriff wurde 2007 zum drittschönsten bedrohten Wort der deutschen Sprache gewählt. Andererseits wird vermutet, dass das Wort hingegen nichts mit Käse zu tun hat, sondern vom französischen Wort caisse (deutsch: Kiste, Kasten) abstammt. Demnach bezeichnet es jemanden, der so groß ist wie drei Kisten. (Wiki)
Drittschönstes bedrohtes Wort des Jahres 2007, was für ein poetischer Name!

Ergebnisse des Wettbewerbs "Das bedrohte Wort" 
Dezember 2006 bis Mai 2007

Platz 1: Kleinod
Platz 2: blümerant
Platz 3: Dreikäsehoch
Platz 4: Labsal
Platz 5: bauchpinseln
Platz 6: Augenstern
Platz 7: fernmündlich
Platz 8: Lichtspielhaus
Platz 9: hold
Platz 10: Schlüpfer


Alle viere von sich strecken
Sterben. Heute hat mich ein junger Mann, ein Vertreter meiner Krankenkasse angerufen und bot mir an, eine Sterbeversicherung zu erwerben, für den Fall, dass ich "vom Sterben mal Gebrauch machen will". 

Seine fünf Sinne nicht beisammen haben
Erklärt sich von selbst. Alle Fünfe auf einmal, das kommt selten vor. Und warum nur fünf?

Alle Fünfe gerade sein lassen
Andere Völker nenen das Laissez-faire oder cool sein, sich keinen Kopf machen, und wenn die Fünf auch nicht durch Zwei teilbar ist, kann man doch einfach behaupten, dass es doch ginge. Was soll's? Wen stört's? Warum nicht?

Sieben auf einen Streich 
Das tapfere Schneiderlein, der Fliegenkiller in heroischer Verteidigung seiner Pflaumenmusstulle oder seines Apfels. Aus solchen Irrtümern entstehen Heldenbilder.

In einem Städtlein Romandia war ein Schneider gesessen, welcher auf ein Zeit, als er gearbeitet, einen Apfel bei sich liegen gehabt, darauf viel Fliegen, wie dann Sommerszeiten gewöhnlich, gesessen; das thät dem Schneider Zorn, nahm einen Fleck von Tuch und schlug auf den Apfel und erschlug der Fliegen sieben. Als solches der einfältige Schneider gesehen, gedacht er bei sich selbst, sein Sach sollte gut werden, ließ sich bald einen sehr schönen Harnisch machen und darauf mit goldenen Buchstaben schreiben: sieben auf einen Streich geschlagen! zog mit seinem Harnisch auf der Gasse, wer ihn besahe, der meinte, er hätte sieben Menschen auf einen Streich zu todt geschlagen; ward darnach von jedermann übel gefürchtet. (Von einem tapfern Schneider Hausmärchen der Brüder Grimm 1812) 

Auf Wolke sieben schweben
Die Redensarten „auf Wolke sieben sein“ und „im siebten Himmel sein“ stehen für eine außergewöhnliche Hochstimmung, zum Beispiel das Gefühl von purer Freude oder Verliebtheit. Im Englischen gibt es im religionswissenschaftlichen Bereich den Ausdruck seventh heaven. Die außergewöhnliche Hochstimmung wird dagegen mit cloud nine bezeichnet, also „Wolke neun“. Der Ausdruck siebter Himmel stammt wahrscheinlich aus der Theorie des griechischen Philosophen Aristoteles. Dieser teilte den Himmel als Plural in sieben durchsichtige Gewölbe (Schalen) ein, in die die Himmelskörper eingebettet sind. In jeder der sieben Himmel oder Sphären bewegt sich je einer der sieben bekannten Planeten.

Talmud (Hagiga II, 1; 12b) heißt es:
„Es gibt sieben Himmel und zwar Vorhang, Veste, Dunstwolke, Wohnung, Burg, Stätte und Gewölk. … Auf Gewölk (dem siebten) befinden sich Gerechtigkeit, Reichtum und Heil, die Schätze des Lebens, die Schätze des Friedens und die Schätze des Segens, die Seelen der Gerechten, die Geister, die Seelen derer, die einst geboren werden, und der Tau, der einst die Toten beleben wird, Gerechtigkeit und Recht. Gefunden sind fernerhin: die Ophanim, die Seraphim, die Heiligen Tiere, die Dienstengel und der Thron der Herrlichkeit.“ (Wiki)


Ein Buch mit sieben Siegeln
"Und ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. Und ich sah einen starken Engel, der rief mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen? Und niemand, weder im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde, konnte das Buch auftun und hineinsehen". Offenbarung des Johannes 

 Apokalyptisches Lamm auf dem Buch mit den sieben Siegeln
Johann Heinrich Rohr, um 1775

Seine Siebensachen packen
Die besondere Beachtung, die der Zahl sieben seit der Antike gewidmet wird, geht wohl auf die Periode von jeweils sieben Tagen zurück, in denen der Mond eine seiner Formen (ab- und zunehmender Halbmond, Voll- und Neumond) zeigt. Über das Juden- und Christentum ist die Sieben auch in deutsches Recht und Brauchtum gekommen: Sieben Zeugen werden als glaubwürdig angesehen, es gibt sieben Kurfürsten, sieben Ratsherren, und am normalen großen Galgen ist Platz für sieben Gehenkte. Eine große Bedeutung hat die Sieben (auch in den Varianten sieben mal sieben, siebzig usw.) natürlich auch bei Fristen aller Art. Auch in der Sage und im Märchen dominiert die Sieben: Es gibt sieben Schwaben, sieben Geißlein, sieben Zwerge, und das tapfere Schneiderlein tötet sieben Fliegen auf einen Streich. Oft steht die Zahl sieben aber auch einfach ohne besondere Bedeutung als prototypische Zahl überhaupt. Dies trifft beispielsweise auf die Wendung "seine Siebensachen packen" zu. Hier hat die Sieben allerdings auch den Nebensinn des Kleinen und Armseligen. (www.redensarten.de)

08/15
Normal, üblich, gewöhnlich, aber eigentlich nur abschätzig gebraucht, im Sinne von nicht gut genug.
Das MG 08 war ein Maschinengewehr aus deutscher Produktion, das insbesondere im Ersten Weltkrieg verwendet wurde. Es wurde nach seinem Einführungsjahr 1908 benannt. Die Zusätze /15 und /18 geben die Modellvarianten ihres Erscheinungsjahres an. Ab dem Zeitpunkt der Einführung des MG 08/15 nahm die Materialqualität ab und die Fehlerhäufigkeit zu. Die Soldaten prägten den Ausdruck „Die Waffe ist 08/15!“ (Wiki) 

Ach Du grüne Neune!
Oder wie Pittiplatsch im Sandmännchen zu sagen pflegte: Ach, du meine Nase!
Die Redewendung bezieht sich eventuell auf eine Übertragung der französischen Spielkarten auf das deutsche Blatt. Die Pik-Neun entspricht der Gras-Neun, also dem Grünen Neuner, der Grünen Neune. Beim Kartenlegen gilt die Pik Neun traditionell als Karte, die nichts Gutes verheißt. (Wiki) 

4711
Meine Tante Gerda roch danach. Dem "Westpaket" entnahm sie Onko-Kaffee, HB-Zigaretten, Nesquicks schnelllösliches (drei l!!!) Kakao Pulver, Seife der Marke Lux und eben 4711 im Schmuckkarton, innen mit seidigem Stoff ausgeschlagen. Sie roch wunderbar, klar und sicher. Verlässlich. 

Einer Legende nach erhielt der Kaufmann Wilhelm Mülhens im Jahr 1792 die Rezeptur für ein „aqua mirabilis“ von Franz Maria Carl Gereon Farina, einem Kartäusermönch, zur Hochzeit geschenkt. Gesichert ist jedoch nur, dass Wilhelm Mülhens seit 1797 in der Kölner Glockengasse ansässig war und seit 1799 „Kölnisch Wasser“ vertrieb. Das Haus in der Glockengasse erhielt zur Zeit der französischen Besatzung die Nummer „4711“.  (Wiki)


falscher Fuffziger 
Berliner Slang für einen Täuscher, einen Scharlatan, eine Lügner, wahrscheinlich erst im letzten Jahrhundert entstandene Wendung auf den Umlauf von gefälschten Fünfzig-Pfennig-Stücken zurückgehend.
Eine andere Deutung sieht die Entstehungszeit früher, als zwischen 1840 und 1850 eine Berliner Bande die preußischen 50-Taler-Scheine fälschte. (Wiki)
 
180prozentig
Oh, nein, kein Schnaps, aber Menschen, die gläubiger als gläubig sind, gehorsamer als notwendig, gefährliche Menschen!

4 Kommentare:

  1. geht nur auf berlinisch:
    ne Fuffzehn machen - kurz verschnaufen
    die Fuffzehn als Synonym für die 15 Minuten - Pause

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  2. auf 180 sein - voller Wut
    bezieht sich auf hochgeschossenen Blutdruck

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  3. Danke, sehr schöne Sammlung!

    Auf dem Website http://www.fplusd.org/ hatte ich mal diesen Artikel zu dem Thema kopiert, mit deutsch-französischen Beispielen:

    "Lernen nach Zahlen

    In unserer kurzweiligen Reihe zum Thema „Wortschatz mit Witz“ stehen heute die Zahlen von null bis unendlich auf dem Lehrplan. Kein stures Eintrichtern von Vokabeln, sondern wieder einmal heißt es Lernen mit Humor. Taschenrechner sind nicht erlaubt.
    Also setzt euch auf eure vier Buchstaben und hört gut zu, sonst schlägt es dreizehn!

    Ihr erinnert euch: Im Abendland benutzen wir ein Ziffernsystem indischen Ursprungs, welches über arabische Länder den Weg zu uns nach Europa fand. Aus den Schriftzeichen null bis neun setzen wir alle erdenklichen Zahlen zusammen. Diese hielten natürlich auch Einzug in den täglichen Sprachgebrauch, im Französischen wie im Deutschen. Neben vielen Ähnlichkeiten gibt es aber auch zahlreiche exotische Redewendungen, die einer näheren Betrachtung bedürfen. Ja ich weiß, die Rechenschieberei ist euch ein Graus. Vous avez le moral à zéro, ich seh schon, null Bock. Immer dieses Null-Acht-Fünfzehn. Schluss damit! FplusD zeigt euch das deutsch-französische Einmaleins, bevor es zu spät ist, denn il est moins une – fünf vor Zwölf. On va le faire en moins de deux, das machen wir in weniger als zwei oder gar null Komma nichts. Fest versprochen!
    Und dreimal dürft ihr raten, welche Zahl sich besonderer Beliebtheit erfreut. Nicht umsonst sind aller guten Dinge drei (les bonnes choses vont par trois)! Vorausgesetzt die Lösungsfindung dauert nicht ewig und drei Tage, man muss schließlich nicht über vier Umwege gehen (ne pas y aller par quatre chemins). Vingt-deux! Achtung, aufgepasst – die erste Übung folgt sogleich: Wie viel macht haut comme trois pommes? Nicht viel, richtig, eher klein! Eben ein Dreiapfelhoch, pardon, Dreikäsehoch!
    Doch unter vier Augen gesagt, wenn man alle Viere von sich streckt, ist man ohnehin nicht sonderlich groß (avoir les quatre fers en l'air). Oder haben wir uns etwa verzählt, weil alles mal wieder à la six-quatre-deux ging, nämlich rasend schnell?
    Nun gut, wollen wir fünf mal gerade sein lassen, nous faisons toujours les trois-huit, wir als unermüdliche Schichtarbeiter können uns ein kleines Päuschen leisten. Packen wir also unsere Siebensachen und nehmen die Einladung zu einem gemütlichen 5 à 7 an, einem Kaffeekränzchen der mathematischen Gesellschaft. Jetzt heißt es être sur son 31, sagt der Franzose, wenn er sich richtig schick herausputzt. Die Gastgeber sind für meinen Geschmack etwas zu neunmalklug. Von daher bringen mich auch keine zehn Pferde dahin, wie oft muss ich es eigentlich noch sagen, 36 mille fois? Wenn die Mathematik auch weiterhin ein Buch mit sieben Siegeln (le livre des sept sceaux) bleibt, ihr vor Schreck gar 36 Kerzen seht (voir 36 chandelles), weil euch diese Lektion mächtig den Kopf verdreht hat, möchte ich mich in aller Form bei euch entschuldigen. A un de ces 4 – bis die vier Tage?…von mir aus gern!"

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    1. Hab's wiedergefunden, der Text ist von Nadine Gruner.
      Genauere Quelle:
      http://www.fplusd.org/franzoesisch-lernen/lernen-mit-humor/lernen-nach-zahlen/

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